Rachegott by Michael Linnemann

Rachegott by Michael Linnemann

Autor:Michael Linnemann [Linnemann, Michael]
Die sprache: deu
Format: azw3, mobi
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00


17

Der Mörder betrachtete die Waffe in seiner Hand. In wenigen Augenblicken würde er den vierten Mord begehen. Dieser würde ein Kinderspiel werden. Zumindest in emotionaler Hinsicht. Nachdem er die ersten drei Taten erfolgreich begangen hatte, verspürte er mittlerweile nicht einmal mehr einen Hauch von Unbehagen oder gar Reue.

Bisher verlief alles nach Plan. Jetzt muss ich nur noch diesen vierten Mord hinter mich bringen. Dann bin ich schon fast am Ziel. Eigentlich ging alles viel zu schnell vorbei. Doch die Zeitspanne spielt eine wichtige Rolle. Je weniger Zeit ich zwischen meinen Taten verstreichen lasse, desto größer ist die Chance, dass die Polizisten mit ihren Ermittlungen nicht nachkommen. Bis die Kommissare überhaupt ansatzweise verstanden haben, worum es bei meinen Morden geht, werde ich schon längst über alle Berge sein. Ich werde die dämlichen Bullen ahnungslos zurücklassen. Während sie noch über den Spuren brüten, gönne ich mir bereits einen Cocktail an einem Karibikstrand. Nora Feldt und Thomas Korn werden mich nie finden. Vielleicht fliege ich nach Kuba. Vielleicht aber auch nach Barbados. Oder ich verwerfe diese Idee in letzter Sekunde und mache mich auf den Weg nach Australien. Es gibt so viele ungeahnte Möglichkeiten, die mir schon bald offen stehen werden. Ich werde ein vollkommen neues Leben beginnen.

Der Mörder hob seinen Kopf und blickte auf die ansehnliche Villa, die am östlichen Stadtrand lag. In dieser wohnte der millionenschwere Architekt Wilfried Hartig mit seiner Frau Jutta wie im Paradies. Es gab nichts, das die beiden sich nicht leisten konnten. Sie lebten in einem Luxus, von dem andere Menschen nicht einmal zu träumen wagten. Der Mörder wusste das. Jeder wusste das. Die Hartigs waren über Göttingen hinaus bekannt. Sie galten als exzentrisch, geizig und arrogant. Auf jeder Feier prahlte Jutta mit ihrem unbezahlbaren Schmuck und ihren extravaganten Kleidern. Ihr Mann ließ keine Gelegenheit aus, der Öffentlichkeit mitzuteilen, wie viele Autos sie besaßen und wo auf der Welt sie soeben eine Ferienwohnung gekauft hatten. Paris, London und Madrid waren nur drei Orte, die in den letzten Monaten immer wieder in diesem Zusammenhang in der Presse aufgetaucht waren.

Der Gedanke an die soziale Ungerechtigkeit ließ den Mörder vor Wut kochen. Er presste die rechte Hand immer fester um seine Pistole. Dabei fixierte er die Villa mit eisigem Blick.

Ihr habt es nicht verdient, so zu leben! Wer seid ihr denn schon?! Andere Menschen müssen täglich um ihre Existenz bangen! Ihr aber protzt ohne Ende herum! Die Panik eurer Mitmenschen ist euch nicht einmal ansatzweise bewusst! Ihr kümmert euch nur darum, noch mehr Kohle zu scheffeln, um das Luxusleben zu finanzieren! Ihr ekelt mich an!

Nachdem der Mörder tief Luft geholt hatte, steckte er die Waffe hinten in seinen Hosenbund und ging los. Er betrat den fünfzehn Meter langen Kiesweg, der auf die Haustür der Villa zuführte. Links und rechts vom Weg erstreckten sich lange Rasenflächen, die überaus gepflegt wirkten. Kein Wunder. Schließlich leisten sich die Hartigs nicht nur einen, sondern gleich zwei Gärtner. Die haben ja das nötige Kleingeld.

Mehrere Blumenbeete grenzten an die Rasenflächen. Ein Zaun trennte diese vom Bürgersteig ab.



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